Die Rheinpfalz: SPD-Diskussionsrunde über die Chancen einer Bewerbung als Kulturhauptstadt

Presseecho

Die Rheinpfalz 23.10.2010
Hochgesteckte Erwartungen
SPD-Diskussionsrunde über die Chancen einer Bewerbung als Kulturhauptstadt

Von Hans-Ulrich Fechler

Welche Chancen bietet eine Bewerbung Mannheims um den Titel „europäische Kulturhauptstadt" für die Region? Dieser Frage ist eine Diskussion am Donnerstag im Bürgermeister-Reichert-Haus in Ludwigshafen nachgegangen. Sie sollte vor allem Klarheit über die Erwartungen von Künstlern an den Titel verschaffen.

Die Diskussion fand zwar in Ludwigshafen statt, war aber auf die Region ausgelegt. An der Seite der Ludwigshafener SPD-Stadträtin Eleonore Hefner standen die Mannheimer Gemeinderätin und Landtagsabgeordnete Helen Heberer sowie Eberhard Petri, Bürgermeister der Gemeinde Neckarsteinach an der hessischen Bergstraße und ehemaliger Leiter des Mannheimer Kulturzentrums Alte Feuerwache. Jeder der drei Politiker brachte zwei Künstler mit.

Auch unter den Zuhörern, wenn auch nicht zahlreich, waren etliche Mannheimer. Überhaupt ging der Impuls, wie bei der Bewerbung, von der Mannheimer Seite aus. Kirsten Batzler und Ulrike Hacker aus dem Projektbüro, das der Mannheimer Oberbürgermeister im Juni 2008 zur Vorbereitung einer Bewerbung eingerichtet hat, wiesen eindringlich auf die Voraussetzungen für einen Erfolg hin: Die Kultur muss der Motor der Mannheimer Stadtentwicklung sein, die gesamte Region muss mitziehen, vor allem aber müssen die Bewohner der Region die Bewerbung in Masse mittragen. Die Erfahrungen anderer Städte, so auch das Konzept der derzeitigen Kulturhauptstadt Essen mit dem Ruhrgebiet, lasse sich nicht einfach übertragen, sagte Kirsten Batzler: „Die Bevölkerung ist eine andere." Und Ulrike Hacker betonte, entscheidend werde es sein, „neue Wege zu kreieren".

Solche neuen Wege suchten auch die anwesenden Künstler, allerdings in ihrem Interesse. Dies lässt sich auf die einfache Formel bringen: mehr Geld für die freie Szene. Das Ehepaar Constanze und Norbert Illig aus Worms schüttete zwei mit Papierknäueln gefüllte Säcke aus. Jedes Knäuel stand für eine Million Euro, alle Knäuel zusammen machten 480 Milliarden Euro aus, so viel, wie in der jüngsten Finanzkrise vernichtet worden ist. „Wenn ich sage, ich bin Künstler, möchte ich die Frage nicht mehr hören: Kann man davon leben?", knüpfte Norbert Illig sehr persönliche Erwartungen an den Titel „Kulturhauptstadt". Bernd Pfütze vom Buero für angewandten Realismus sieht in der freien Szene überhaupt den „Humus der Kultur" in der Region. Und die Schauspielerin Monika-Margret Steger äußerte die Befürchtung, dass bei der Bewerbung um den Titel „nur die Leuchttürme von europäischer Wichtigkeit" gefördert würden.

Die ehrgeizigsten Erwartungen hegt allerdings Manfred Metzner, Inhaber des Heidelberger Verlages „Das Wunderhorn". Was die Region auszeichne, sei „Toleranz durch Desinteresse". Regionale und auch eurozentrische Beschränktheit gelte es aber im Zuge der Bewerbung zu überwinden. Wieviel Zeit bleibt noch für diesen grundstürzenden Wandel der Mentalität? Noch drei Jahre, dann muss die Bewerbung stehen.

 
 

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