Mannheimer Morgen: Bürger wollen Sternwarte jetzt retten

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Denkmalschutz: Aktionsbündnis zum Erhalt des barocken Baus gegründet / Nutzungskonzept noch offen

Bürger wollen Sternwarte jetzt retten
Von unserem Redaktionsmitglied Peter W. Ragge

Das dichte Gestrüpp, das um das barocke Gebäude herumwucherte und die Wände emporwuchs, ist weg - vor ein paar Tagen erst beseitigt vom Fachbereich Straßenbetrieb und Grünflächen der Stadt. Aber die Sternwarte selbst verfällt weiter immer mehr. Doch dagegen will jetzt ein Aktionsbündnis ankämpfen, das gestern auf Initiative der SPD-Landtagsabgeordneten Helen Heberer gegründet wurde und das zu einer Spendenaktion aufrufen will.

"Das Gebäude war im 18. Jahrhundert mal eine Mannheimer Sensation und ist wesentlicher Bestandteil des Mannheimer Stadtbilds", mahnte Prof. Dr. Hermann Wiegand, der Vorsitzende des Mannheimer Altertumsvereins: "Da dürfen wir jetzt einfach nicht weiter zusehen, wie es zusammenfällt", forderte er, und Wolf-Diether Burak vom Technoseum ergänzte: "Eigentlich muss man noch vor Anbruch des Winters mindestens etwas am Dach machen, um das Haus zu retten!"

Das Problem sind die schwierigen Eigentumsverhältnisse. Grundstück und Gebäude gehören dem Land, die Stadt hat bis 2022 das Nutzungsrecht. Beide haben in ihren Haushalten derzeit kein Geld für eine Renovierung, die - je nach Umfang und anschließendem Verwendungszweck - auf 750 000 bis 1,8 Millionen Euro geschätzt wird, eingestellt.

Handwerks-Innungen helfen
Mit der Gründung des Aktionsbündnisses wolle man "Stadt und Land nicht aus der Verantwortung entlassen", stellte Heberer klar, "aber gemeinsam zeigen, dass die Bürgerschaft daran interessiert ist, das Gebäude zu retten und dabei auch mitzuhelfen". Vielleicht, so die Idee aus der Runde, könne man bei Stadt und Land so viel Druck erzeugen, wenigstens jeweils ein Drittel der Renovierungskosten beizusteuern, wenn die Bürger ein Drittel selbst über Spenden aufbringen. Dabei will man den Verein Stadtbild einbeziehen, der schon oft - etwa für den Friedrichsplatz - erfolgreich um Spenden für den Erhalt oder Rekonstruktion von Baudenkmälern geworben hat.

Vom Altertumsverein über Architektur- und Bauarchiv, Stadtarchiv, das Planetarium und sein Förderkreis sowie das Technoseum reihen sich jedenfalls viele Institutionen in das Aktionsbündnis ein. Achim Bauer von der Stuckateurinnung sicherte zugleich im Namen der Malerinnung Unterstützung mit Rat und Tat zu, "und sicher können wir auch die Innungen der Dachdecker und Zimmerleute dazuholen", meinte er.

Uta Dorra sagte namens der Künstler, die dort ihre Ateliers haben, die Mitarbeit zu. "Viele Leute denken ja, da sei niemand mehr," bedauerte sie, "aber die alte Sternwarte lebt!""Die Leute staunen über die große wissenschaftliche Bedeutung - und sind entsetzt, wie das Haus aussieht", berichteten Britta Bock und Alexander Wisniewski, die als Stadt- und Schlossführer oft an der Sternwarte vorbeikommen.

Ideen, wie man den barocken Bau künftig nutzen könnte, gab es viele - ob weiter Ateliers über ein komplettes astronomisches Museum oder zumindest einige Informationen im Foyer bis hin zu einem Lapidarium oder dem Sitz eines Astronomen mit städtischem Stipendium, wie Planetariumschef Dr. Christian Theis anregte. "Aber kurzfristiges Ziel muss jetzt erst die Bauwerksicherung sein, dann kann man über Konzepte nachdenken, was daraus wird", meinte Dr. Kai Budde vom Technoseum, "sonst ist es kaputt".

Mannheimer Morgen
8. September 2010

 
 

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