Mannheimer Morgen: Heitere Melodien, freche Texte

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Neckarau: Roswitha Goos und Stefanie Titus in Gehrings Kommode zum 100. Internationalen Frauentag

Heitere Melodien, freche Texte
Von unserer Mitarbeiterin Christina Altmann

Mit ihren schwungvollen Melodien und frechen Texten weckten sie neue Lebenskräfte, lenkten ab von den Sorgen des Alltags und der sich anbahnenden Weltwirtschaftskrise: Schlager der 20er Jahre haben ihre Aktualität nicht verloren. Was Textdichter wie Otto Reutter oder Friedrich Hollaender in ihren Couplets thematisierten, setzt sich in den Hits der heutigen Popszene fort. Immer geht es um Liebe, Leid und Leidenschaft, um den ewigen Kampf zwischen Mann und Frau.

In der Neckarauer Kommode ließ die Heidelberger Schauspielerin und Sängerin Roswitha Goos, begleitet am Klavier von Stefanie Titus, diese vielfach unvergesslichen Berliner Gassenhauer wieder aufleben, und erwies damit dem Internationalen Frauentag alle Ehre.

Aus Anlass des 100-jährigen Bestehens dieser Institution, die von der sozialistischen Frauenrechtlerin Clara Zetkin einst im Bestreben um die politische und wirtschaftliche Gleichberechtigung der Frau geprägt wurde, lud die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) zusammen mit der Mannheimer Landtagsabgeordneten Helen Heberer zu diesem Chansonabend ein. "Wir alle können dazu beitragen, dass der Kampf, den Clara Zetkin begann, heute zum Sieg führt", begrüßte die ASF-Vorsitzende Claudia Schöning-Kalender die vielen Gäste in Gehrings Kommode und gab die Bühne frei für eine temperamentvolle "Dame im Frack" und eine souveräne Frau am Klavier.

"Wir sind, glaub ich, nur auf der Welt, wegen der Leut", dichtete und sang einst Otto Reutter. Seine geistsprühenden, humorvollen Couplets, die so bezeichnende Einblicke in die Gesellschaft des Wilhelminischen Zeitalters geben, wurden nun von Roswitha Goos wieder ins Licht gerückt. Ob sie den "Blusenkauf" oder den "Überzieher" präsentierte, mit dem Ratschlag "Neh'm s'en Alten" erheiterte, oder das Los des armen Mannes mit der Frau beklagte ("Erst hast se auf dem Schoße, dann hast se auf dem Hals"), die Chansonnette begeisterte durch Wandlungsfähigkeit und Mimik.

Ganz im Sinne der Gleichbehandlung teilte die "Dame im Frack" im ersten Teil des Abends die Meinung des Mannes, wunderte sich mit Willy Rosen "Was will der Mann da auf der Veranda meiner Lisbeth" und glänzte nach Friedrich Hollaender als Nachtgespenst in der köstlichen Rolle des Kurt Gerron.

Im zweiten Teil des Abends kam schließlich die Frau zu Worte - die kesse und herzliche Frau in Roswitha Goos ebenso, wie der selbstbewusste und manchmal gern frivole Revuestar der 20er Jahre. Meisterhaft und stets den passenden Hut parat, schlüpfte Goos in die bekannten Soubretten wie Marlene Dietrich ("Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt"), Hilde Hildebrand ("Ich bin verflucht und zugenäht") oder Claire Waldorff ("Raus mit den Männern aus dem Reichstag").

Mit Hugo Wieners süffisantem Chanson "Aber der Nowak lässt mich nicht verkommen" ging ein erquickender Abend voller bissiger Songs und heiterer Töne zuende. Das begeisterte Publikum erklatschte sich mehrere Zugaben.

Mannheimer Morgen
18. März 2011

 
 

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