Mannheimer Morgen: Für Mannheim keinen Euro

Presseecho

Kulturförderung: Experte der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren zu Gast

Für Mannheim keinen Euro
Von unserem Redaktionsmitglied Anke Philipp

Die Enttäuschung stand den Anwesenden im Forum der Jugend förmlich ins Gesicht geschrieben: nicht nur, dass Mannheim bei der Landesförderung von kleinen Kulturinitiativen und soziokulturellen Zentren - ganz im Gegensatz zu vielen anderen Städten - seit Jahren leer ausgeht. Die Begründung für die Pleite, die der ehemalige Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und soziokulturellen Zentren in Baden-Württemberg (LAKS), Gerhard Baral, jetzt lieferte, offenbarte auch noch ein völlig unterschiedliches Kulturverständnis zwischen Stadt und Land.

Baral, der in Pforzheim das Kulturhaus Osterfeld aufgebaut hat und bis 2009 den Vorsitz der LAKS innehatte, war auf Einladung der SPD-Landtagsabgeordneten Helen Heberer nach Mannheim gekommen, um Grundsätzliches zu erläutern und Fragen von Betroffenen zu beantworten. Die LAKS hat die Förderung für "Kulturinitiativen und soziokulturelle Zentren" in Baden-Württemberg durch das Land durchgesetzt und bearbeitet nun das Antragsverfahren. Rund 53 Kulturinitiativen kommen auf diesem Weg derzeit ans Ziel, die Landeshauptstadt ist gleich fünfmal dabei; in Karlsruhe bekommen drei, in Freiburg vier Einrichtungen Gelder aus Stuttgart. Bedacht werden zudem kleine Kulturwerkstätten auf dem Land.

Insgesamt verteilt die LAKS 2011 1,9 Millionen Euro, die von den Kommunen kofinanziert werden müssen. Diese gehen ausschließlich an Freie Träger, Vereine und Kulturhäuser für Betrieb, Bau und Projektarbeit. Wichtig bei der Vergabe seien, so Baral, das klare Bekenntnis zum Kulturressort sowie sparten- und generationenübergreifendes Arbeiten - Kriterien, die in Mannheim teils formal nicht erfüllt werden. So ist die Feuerwache eine städtische Gesellschaft, die Gemeinschaftszentren dem Sozialen zugeordnet.

Und obwohl in Mannheim etliche Zentren seit Jahren mit Mitteln der Kulturarbeit Teilhabe der Bevölkerung ermöglichen, und so die Stadtentwicklung vorantreiben, geht die Quadratestadt leer aus: ein "Skandal" und eine "Blamage", wie die Zuhörer, darunter Feuerwachen-Chef Siegfried Dittler, Michael Scheuermann vom Gemeinschaftszentrum Jungbusch sowie Karin Heinelt vom Forum beklagten. Ihrer Meinung nach darf es so nicht weiter gehen, zumal auch der Bund die Förderung über das Programm "Soziale Stadt" drastisch gekürzt hat (wir berichteten). Ein Entweder-oder zwischen Kultur und Sozialem gehöre sowieso der Vergangenheit an, stattdessen sei vernetztes Denken und Handeln das Gebot der Stunde. In den Stadtteilen werde schon lange sozialräumlich gedacht und über Disziplingrenzen hinweg agiert. Diese Denke sei gerade in den letzten Jahren Aufgabe der integrativen Stadtentwicklung gewesen, so die Teilnehmer. "Mit solchen Kategorien kommen wir hier nicht weiter", so Scheuermann. Siegfried Dittler schlug vor, einen Verband der Kultureinrichtungen zu gründen und sich in einem Kulturrat zu organisieren. "Die soziokulturelle Arbeit braucht Geld und ein Sprachrohr", versprach Helen Heberer weitere Unterstützung. Grundsätzlich sei eine Förderung von 1,9 Millionen Euro für diese Arbeit im gesamten Land eh "eine Schande".

Mannheimer Morgen
20. Januar 2011

 
 

Pressemitteilungen