Mannheimer Morgen: Kampf gegen Klassenauflösung

Presseecho

Bildung: Friedrich-List-Schule muss wegen Abgängern und Sitzenbleibern einen Stammkurs aufteilen – die Schüler sammeln dagegen Unterschriften
Kampf gegen Klassenauflösung

Von unserem Redaktionsmitglied Fabian Busch

In diesem Jahr gab es von der Klassenlehrerin am letzten Schultag nicht nur die Zeugnisse, sondern auch eine Rose zum Abschied. Höchstwahrscheinlich wird es die Klasse J1/4 an der Friedrich-List-Schule im kommenden Schuljahr nämlich nicht mehr geben. Im letzten Jahr vor dem Abitur sollen sie auf die anderen 12. Klassen des Wirtschaftsgymnasiums aufgeteilt werden. Für die Schüler ist das ein schwerer Schlag, von dem sie erst einige Tage vor Schuljahresende erfahren haben. Was folgte, war eine turbulente Woche, in der die Jugendlichen alle Hebel in Bewegung setzten, um die Auflösung ihres Stammkurses noch zu verhindern.

Fünf Parallelklassen hatte die Jahrgangsstufe 1 im jetzt endenden Schuljahr. Nach den Ferien werden aber mehr als 20 Schüler verloren gehen, weil sie das Jahr wiederholen oder die List-Schule verlassen. Eine Klasse muss die Schulleitung deshalb auflösen und die Lernenden auf die anderen Kurse verteilen.

Die Argumentation sei nachvollziehbar, meint Can Özkarzi. Trotzdem halten er und seine 15 Mitschüler der betroffenen Klasse den Schritt für falsch. Nicht nur, weil die Gemeinschaft, die sich gebildet hat, auseinandergerissen wird. "Auch aus pädagogischen Gründen", sagt der 18-Jährige. Man stehe ja kurz vor dem Abitur. Mitschülerin Gentijana Mazrekaja erklärt, der Prüfungsstoff beispielsweise in Deutsch sei für alle identisch, allerdings hätten die Klassen bisher verschiedene Pflichtlektüren behandelt.

Friedrich-List-Schule
Die Friedrich-List-Schule in der Innenstadt (C 6) ist eine Berufliche Schule mit kaufmännischer Ausrichtung. Derzeit lernen in dem rund 100 Jahre alten Jugendstilgebäude fast 2000 Schüler.
Die Einrichtung vereint verschiedene Bildungsgänge: Die Kaufmännische Berufsfachschule führt zur Mittleren Reife. Berufsschule und Berufskolleg besuchen Jugendliche parallel zu einer Ausbildung. Das Wirtschaftsgymnasium führt in drei Jahren zum Abitur. fab

Also setzen sich die Jugendlichen für den Erhalt ihres Stammkurses ein. Sie schrieben an das Regierungspräsidium in Karlsruhe - allerdings ohne Erfolg. Außerdem starteten sie eine Petition: In vier Tagen sind schon mehr als 400 Unterschriften zusammengekommen. Und die Jugendlichen meldeten sich bei Oberbürgermeister, Landeselternbeirat und Landtagsabgeordneten. SPD-Politikerin Helen Heberer nahm Kontakt zur zuständigen Behörde in Karlsruhe auf. "Man kann die Schüler doch jetzt nicht im Regen stehen lassen", sagt sie.

Auch Schulleiter Peter Bischof würde den Lernenden gerne helfen, verweist aber auf den geltenden Organisationserlass. Pro Schüler bekommt ein Berufliches Gymnasium 1,6 Lehrerstunden zugeteilt. Würde er die Klasse nicht auflösen, würde diese Zahl steigen. Er könne die Lehrer vielleicht freischaufeln, sagt Bischof. Aber die rechtlichen Vorgaben würden das nicht zulassen. Deswegen sieht alles danach aus, dass es bei der Klassenauflösung bleibt.

An wen man sich wenden, wie man sich zur Wehr setzen kann, das haben die Schüler gelernt - im Unterricht und durch ihre kurzfristig angeschobenen Aktionen. "Wir sind da gut ausgebildet", sagt Can Özkarzi schmunzelnd. Und auch Schulleiter Bischof ist ein Stück weit stolz auf seine Schüler: "Sie sind enttäuscht, das verstehe ich. Aber sie haben sich auch sehr gut verhalten."

© Mannheimer Morgen, Donnerstag, 25.07.2013

 
 

Pressemitteilungen