Mannheimer Morgen: Region misstraut der Bahn

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Verkehr: Spekulationen um neue Pläne für ICE-Trasse / Abgeordnete besorgt / Ministerien widersprechen Mannheimer OB

Region misstraut der Bahn
Von unseren Redaktionsmitgliedern Frank Schumann und Stephan Wolf

Mannheim. Die erneute Prüfung des Trassenverlaufs der ICE-Neubaustrecke Frankfurt-Stuttgart durch die Deutsche Bahn versetzt die Metropolregion in Alarmstimmung. Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) hatte die Befürchtung geäußert, dass Mannheim trotz eines gegenteiligen Bundestagsbeschlusses doch von der Trasse abgehängt werden und stattdessen die sogenannte Bypass-Lösung verwirklicht werden könnte.

Der Direktor des Verbands Region Rhein-Neckar GmbH, Ralph Schlusche, schloss sich entsprechenden Spekulationen gestern an. "Wir befürchten, dass die Bahn bei ihrer erneuten vorbehaltlosen Prüfung zu dem Ergebnis gelangen könnte, dass die Neubaustrecke Frankfurt-Stuttgart nur mit einem Bypass an Mannheim vorbei zu finanzieren ist", sagte Schlusche.

Ministerium "verwundert"
Im Gegensatz zu den Vertretern der Metropolregion sehen die zuständigen Ministerien keinen Grund, eine neue Bypass-Diskussion zu eröffnen. Das baden-württembergische Verkehrsministerium zeigte sich gestern in einer Mitteilung "verwundert über die Mutmaßungen des Mannheimer Stadtoberhaupts". Wie zuvor bereits das Bundesverkehrsministerium verwies es auf den gültigen Bundesverkehrswegeplan, der keinen Bypass zulasse. Und auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) äußerte sich eindeutig: Über die Einbindung des Mannheimer Hauptbahnhofs in die ICE-Neubautrasse "besteht seit Jahren Einigkeit zwischen Landesregierung, Stadt Mannheim und Metropolregion", so Mappus.

Anlass für den Alarmruf von Peter Kurz ist die Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der Stadt. Darin betont das Ministerium, den Bundestagsbeschluss, der einen Bypass verbietet, zwar zu beachten - gleichzeitig verweist es aber auch auf ein Gutachten, nach dem für den "gewählten Projektzuschnitt noch Optimierungsbedarf besteht". Dabei sei eine "vorbehaltlose Herangehensweise" notwendig.

Hintergrund ist der überarbeitete Bedarfsplan Schiene des Verkehrsministeriums vom vergangenen November. Dort ist die ICE-Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim ausdrücklich mit dem Hinweis "Kein Bypass Mannheim" versehen. Auf der anderen Seite weisen die vom Verkehrsministerium beauftragten Gutachter darauf hin, dass auch nach dem Neubau der Trasse Engpässe bestünden - um sie zu beseitigen, seien weitere Maßnahmen nötig. In die Überlegungen dazu solle, so die Gutachter, "auch der Bypass Mannheim einbezogen werden".

Mit Sorge reagierten die Bundestagsabgeordneten aus Mannheim. Egon Jüttner (CDU) wandte sich mit einer parlamentarischen Anfrage an die Bundesregierung. Er will wissen, ob die Bundesregierung "weiterhin voll" hinter dem Beschluss des Bundestages steht, wonach die geplante ICE-Neubaustrecke nur über den Mannheimer Hauptbahnhof verlaufen darf und eine Finanzierung auch nur bei einer Vollanbindung Mannheims erfolgt.

Die FDP-Abgeordnete Birgit Reinemund kann die Aufregung von OB Kurz nicht nachvollziehen: "Wir haben eine klare Beschlusslage und dabei bleibt's." Gerhard Schick von den Grünen teilt die Befürchtungen des OBs mit Blick auf die Verhandlungen über die Trassenführung. "Die sind ja tatsächlich ins Stocken geraten", so Schick. Die SPD-Abgeordnete im Stuttgarter Landtag, Helen Heberer, fordert Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) zu einer klaren Position auf, damit die Infrastruktur im Land "ausgewogen und fair" ausgebaut werden könne. Nur wenn Stadt, Region und Land gemeinsam gegen den ICE-Bypass kämpften, könne die Umfahrung verhindert werden.

Mannheimer Morgen
8. Januar 2011

 
 

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