Neue Wege zur Lehrstelle

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Grün-Rot will schulische Warteschleifen abbauen / Modellversuch in Mannheim

Gemeinsam mit der Wirtschaft will die baden-württembergische Landesregierung Jugendliche mit besonderem Förderbedarf besser auf eine betriebliche Ausbildung vorbereiten. "Wir bringen künftig die Schüler frühzeitig direkt in Kontakt mit der Praxis", sagt Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD). Zu den vier ausgewählten Modellregionen zählen Mannheim und Weinheim. Dort stellen Firmen 400 Plätze für Betriebspraktika zur Verfügung.

In Baden-Württemberg befinden sich aktuell rund 35 000 junge Menschen im Übergangssystem zwischen Schule und Beruf. Viele sind freiwillig dort, weil sie Mittlere Reife, Fachhochschulreife oder Abitur nachmachen. Ein Drittel besuche solche Warteschleifen, weil sie mangels Schulabschluss oder wegen persönlicher Defizite keine Lehrstelle bekämen, schätzt Wolfram Leibe von der Regionaldirektion für Arbeit. Rund 6000 absolvieren das Berufsvorbereitungsjahr.

Dieser Bereich der Berufsvorbereitung wird schrittweise neu geordnet. Im Prinzip sollen drei Tage Schule ergänzt werden durch zwei Tage im Betrieb, erläutert Kultus-Staatssekretärin Marion von Wartenberg (SPD). Sie sagt: "Durch die intensive Einbindung des Betriebs sollen die Schüler von Anfang an die Realität besser kennenlernen und eine Vorstellung von ihren beruflichen Möglichkeiten bekommen." Für jeden Teilnehmer werde ein maßgeschneidertes Konzept erarbeitet. Die Lehrer würden dafür speziell fortgebildet.

Lutz Jahre, der Chef des Fachbereichs Bildung in Mannheim, erklärt am Beispiel seiner Stadt den neuen Ansatz. 150 junge Leute besuchen das Berufsvorbereitungsjahr und weitere 85 holen den Schulabschluss nach. Diese beiden Gruppen stehen im Zentrum des Versuchs "Duale Ausbildungsvorbereitung". Starten will Mannheim an der Justus-von-Liebig-Schule mit 40 Schülern in zwei Klassen. Theoretische und praktische Elemente sollen sich blockweise abwechseln. Jahre hofft, dass einem Teil der Schüler schon wenige Wochen nach den Sommerferien eine Lehrstelle vermittelt werden kann. Denn: "Sie kommen künftig viel näher an die Betriebe."

Die Mannheimer Landtagsabgeordneten Helen Heberer und Stefan Fulst-Blei begrüßen die Initiative. "Es ist ungemein wichtig, dass Jugendliche ein passgenaues Angebot erhalten", betont Heberer. Ihr Kollege sieht das Projekt als "Grundstein für eine Ausbildungsgarantie".

Weil die Jahrgänge kleiner werden, wird der Wettbewerb um Auszubildende schärfer. Im letzten Herbst blieben im Südwesten 5000 Lehrstellen unbesetzt. Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ging um 2,5 Prozent auf 74 400 zurück. In einer Zwischenbilanz für 2014 meldeten Ende Mai die Industrie- und Handelskammern allerdings zwei Prozent mehr abgeschlossene Neuverträge als ein Jahr davor, die Handwerkskammern sogar ein Plus von fünf Prozent.

© Mannheimer Morgen, Samstag, 28.06.2014

 
 

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