Mannheimer Morgen: Der ganze Frust der Retter

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Hilfsorganisationen: "Schulterschluss" erläutert SPD-Politikern aktuelle Probleme

Der ganze Frust der Retter
Von unserem Redaktionsmitglied Peter W. Ragge

"Einfach mehr Anerkennungskultur" brauche man, stellte Helen Heberer am Ende fest - vom Geld mal abgesehen. "Ob Politik, Gesellschaft oder die Arbeitgeber, wir nehmen einfach zu selbstverständlich hin, was die machen", meinte die SPD-Landtagsabgeordnete nachdenklich nach einem Gespräch mit Vertretern nahezu aller Rettungs- und Hilfsorganisationen, zu dem auch eigens der SPD-Innenexperte im Landtag, Reinhold Gall, gekommen war.

Hoher Investitionsstau
Andre Kühner, Ehrenamtsbeauftragter der Mannheimer Johanniter, hatte das Gespräch bereits beim "Tag der Helfer" initiiert. Karl F. Mayer, der Vorsitzende des Stadtfeuerwehrverbandes, brachte dazu jetzt Vertreter der Berufs-, Werk- und Freiwilligen Feuerwehren aus der Metropolregion, des Technischen Hilfswerks und der Rettungsdienste an einen Tisch.

Reinhold Gall kannte viele von ihnen schon - er ist nicht nur innenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, sondern diente 35 Jahre in der Freiwilligen Feuerwehr und ist Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbandes Heilbronn. "Ich weiß, wo Ihnen der Schuh drückt", sagte Gall daher und lobte zugleich die in Mannheim unter dem Motto "Schulterschluss" nicht nur beim gemeinsamen Maimarkt-Stand geübte enge, gute Zusammenarbeit aller Retter: "Wenn Sie mit geballter Kraft und einer Stimme sprechen, erreichen Sie mehr", so Gall.

Schnell wurde in der Runde aber deutlich, wie tief teilweise der Frust sitzt. Da fehlt es an der Abgrenzung zwischen den Zuständigkeiten für Rettungsdienst (Sozialministerium und Krankenkassen) sowie Katastrophenschutz (Innenministerium), da verzögert sich die Einführung des lange versprochenen Digitalfunks, da erweisen sich die Vorschriften für Integrierte Leitstellen als in einer Großstadt wie Mannheim nicht praktizierbar, fehlt eine Regelung für den Massenanfall von Verletzten. Hinzu kommen Defizite bei der Ausstattung mit Schutzkleidung und ein Investitionsstau wegen veralteter Fahrzeuge.

"Man erwartet von den Helfern ein hohes Maß an Professionalität, setzt ehrenamtliches Engagement als Selbstverständlichkeit voraus, tut aber nichts, dass es auch funktioniert", fasste Thorsten Ernst, der Regionalgeschäftsführer der Johanniter, zusammen. Es gebe "keinen Anreiz, junge Menschen dauerhaft zu motivieren, wenn dann sogar Geld für Einsatzkleidung fehlt", beklagte er. Andre Kühner ergänzte, dass durch die Verkürzung des Zivildienstes ebenso Helfer fehlten wie durch immer restriktivere Regeln der Arbeitgeber: "Früher wurde man eingestellt, wenn man sich ehrenamtlich engagiert hat, heute ist es oft ein Ausschlusskriterium."

Gall und Heberer nahmen viele Anregungen mit. "Wir haben auch schon oft versucht, etwas im Landtag aufzugreifen, aber die Mehrheit hat anders entschieden", bedauerte Gall. Karl F. Mayer war dennoch dankbar, dass die Gesprächsrunde zustande kam: "Ich denke, der Austausch war für beide Seiten ein Gewinn", so der Vorsitzende des Stadtfeuerwehrverbandes.

Mannheimer Morgen
23. Dezember 2009

 
 

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